Den Kunden vom Sofa abholen ...

… und ihn mit Neugierde und Freude zurück in den Laden bringen!“ Dieser Ansatz, ist laut Tobias Röding von der Uni Siegen, der entscheidende Erfolgsfaktor einer zukünftigen digitalen Strategie im lokalen Einzelhandel. Die Digitalisierung sollte jedoch nicht im Ladenlokal (Point-of-Sale, kurz POS) enden, sondern dort seine Fortführung finden. Welche digitalen Möglichkeiten am POS einsetzbar sind und welchen Nutzen Sie für Händler und Kunden bringen, diskutierten rund 20 Händler und POS-Technologieanbieter am 11.10.2017 in Iserlohn.

Sich von traditionellen Einkaufsmöglichkeiten lösen

„Die Verknüpfungen der Online- und Offlinekanäle, die Schaffung von individuellen Angeboten und die Integration neuer Techniken, insbesondere Smartphones, zählen aktuell zu den größten Herausforderungen bei der Digitalisierung auf der Ladenfläche“, so Röding. Der lokale Handel muss sich von traditionellen Einkaufsmöglichkeiten lösen und sich mit der digitalen Welt auseinandersetzen.

Michael Prade von der Brodos AG erklärt den Einzelhändlern, wie In-Store-Kiosk-Systeme als verlängertes Ladenregal funktionieren können. Foto: Stephanie Erben (SIHK zu Hagen).

Steigendes Interesse am erlebnisorientierten shoppen

Kunden möchten immer häufiger erlebnisorientiert einkaufen und dabei nicht auf die Service-Vorteile der Amazons, Ebays und Alibabas dieser Welt verzichten. Eine Möglichkeit diesen Kundenwünschen als stationärer Einzelhändler gerecht zu werden, ist die Nutzung von POS-Technologien. So können lokale Händler einzigartige Mehrwerte schaffen, welche der Online-Handel nicht anbieten kann. Dabei ist es wichtig, seine Mitarbeiter von Beginn an mitzunehmen (Mitarbeitersensibilisierung). Nur wenn das Verkaufspersonal motiviert und im Umgang mit den neuen POS-Medien geschult ist, kann der gut informierte Kunde von der Kompetenz des Mitarbeiters überzeugt werden. Studien der Universität Siegen zeigen, dass z. B. der Einsatz von Tablets zur Verkaufsunterstützung im Kundengespräch positiv von Kundenseite wahrgenommen wird. Vorausgesetzt der Verkäufer kann dem Kunden durch diese POS-Technologie wirkliche Mehrwerte bieten, wie z. B. Produktinfos in Form von Videos oder Zugriff auf ein erweitertes Produktportfolio.

Aktuelle und zukünftige Möglichkeiten der Digitalisierung im Ladengeschäft

In Iserlohn konnten sich die Händler direkt vor Ort ein Bild von modernen digitalen Lösungen im Ladenlokal machen. Das Labor hatte dazu vier Anbieter von POS-Technologien eingeladen:

Die Firma Brodos AG stellte ein In-Store-Kiosk-System vor. Dabei kann der Kunde nicht nur auf die vorhandenen Produkte im Geschäft zugreifen, sondern auf alle lieferbaren Produkte verschiedener Hersteller. Über einen Touch-Monitor kann der Verkäufer das Produkt online zeigen und hierzu den Kunden beraten. Die Lösung ist somit als Erweiterung des Ladenregals zu sehen. „Die Mitarbeiter verkaufen also aktiv mit der Unterstützung des Systems. Die Kompetenz des Beraters wird unterstützt durch Rezensionen und Bewertungen“, so Michael Prade von der Brodos AG.

Welche Möglichkeiten es bereits im Bereich Displays und Touch-Oberflächen gibt, präsentierte die Lang AG. „Bei großen Handelshäusern gehören diese POS-Medien heute schon zum Alltag“, erklärte Frau Reinhold von der Lang AG. Dabei sind die Displays mittlerweile so dünn und flexibel, dass sie an Stellen im Ladenlokal eingesetzt werden können, an denen es vor Jahren noch unvorstellbar gewesen wäre.

Wie die Händler die individuellen Wünsche der Kunden vor Ort erfüllen können, zeigte das Fab Lab der Uni Siegen anhand moderner 3D-Drucktechnik. Mithilfe dieser Technik können beispielsweise Unikate erstellt werden wie Dekoartikel, individuelle Backformen oder Modelle. „Dieser Individualisierungsnutzen wird in seiner Bedeutung weiter zunehmen“, erläuterte Herr Giatagantzidis vom Fab Lab.

Einen Ausblick in die Zukunft gab die Firma Meinbonus.Cash. Der Anbieter von Kundenbindungssystemen zeigte eine Möglichkeit, wie man Home- und In-Store-Shopping in naher Zukunft zusammenbringen könnte. Durch den Einsatz einer Brille mit integrierter Digitalkamera, die vom Verkaufspersonal getragen wird, könne der Kunde via Smartphone – vom Sofa aus – live im Geschäft einkaufen. Dabei blickt der Kunde quasi virtuell durch die „Augen“ des Verkäufers.

Aufgrund des positiven Feedbacks der Teilnehmer ist auch für 2018 ein Workshop zum Thema „POS-Techniken erleben“ geplant.

Impressionen des POS-Workshops in Iserlohn (Fotos: Stephanie Erben, SIHK zu Hagen).