Digitalisierung im Einzelhandel: Praxisbeispiele und Kosten

Die Kunden sind heutzutage kanalübergreifend unterwegs. Sie kaufen und informieren sich mal online und mal offline, immer abhängig von der Situation, dem Kaufanlass oder dem Produkt. Damit der stationäre Einzelhandel seine Kunden auch in der Onlinewelt erreicht, muss er sich digitalisieren. Das Angebot an digitalen Maßnahmen ist groß. Doch welche sind für den stationären Einzelhändler relevant, wie hoch sind die jeweiligen Kosten und mit welchem zeitlichen Aufwand ist zu rechnen?

Die IHK Darmstadt hat einen Leitfaden für den stationären Einzelhandel entwickelt, der anhand von Praxisbeispielen verschiedene digitale Maßnahmen, verbunden mit Kostenrahmen und Dauer, aufzeigt. Natürlich dienen die Zahlen als reine Orientierung und beziehen sich passgenau auf die beschriebenen Beispiele. Für eine eigene Umsetzung müssen individuelle Angebote eingeholt und entsprechende Zeitpläne erstellt werden.

Wir haben einige Digitalisierungs-Instrumente für Sie aus dem Leitfaden herausgesucht und zusammengefasst. Umfassende Infos zu den Praxisbeispielen, den jeweiligen Herausforderungen und Erfolgspotentialen finden Sie im Leitfaden der IHK Darmstadt.

Foto: Pixabay, (c) lethutrang101

Abholstation – Buchladen ermöglicht rund um die Uhr Abholung

Bei einer Buchhandlung in Groß-Gerau können Kunden Bücher, die online oder offline bestellt wurden, auch außerhalb der Öffnungszeiten abholen. Die an der Hauswand des Ladenlokals befestigte Abholbox lässt sich mithilfe eines PINS öffnen, welchen die Kunden im Laden oder per SMS erhalten. Stammkunden erhalten eine eigene dauerhafte PIN.

Verlängerter Ladentheke – Textilkaufhaus erweitert Sortimentsangebot ohne Vergrößerung der Ladenfläche

Ein Bekleidungsgeschäft in Bad Kötzing verknüpft die Offline- und Onlinewelt in Form einer virtuellen Sortimentserweiterung. Kunden können im Geschäft via Tablets nicht nur aus ausgestellten Waren, sondern online aus dem gesamten Warenbestand wählen. Vorteil: der Betrieb muss für die Sortimentserweiterung die reale Ladenfläche nicht erweitern.

  • Kosten: einmalig 5.000 bis 7.000 EURO, laufend 100 bis 200 EURO Softwarekosten/Monat
  • Planung- und Umsetzungsdauer: 2,5 bis 3,5 Monate
  • Mehr Infos auf den Seiten 26/27 im Leitfaden

Augmented Reality – Einrichtungshaus berät Kunden mit virtueller Warenpräsentation

In einem Einrichtungshaus in Markt Schwaben können Möbel im Ladenlokal virtuell in die vom Kunden gewünschte Umgebung platziert werden. Dabei werden z. B. Wandfarbe, Bodenmaterial oder Sofastoffe ausgewählt und mit einem High-End-Beamer entsprechend im Geschäft projiziert. Kunden können bereits bei der Beratung ihr Wunschprodukt live sehen und in verschiedenen Variationen betrachten.

QR-Code/Onlinevideo – Sportartikelgeschäft informiert Kunden mit bewegten Bildern

Ein Sportgeschäft in Erlangen setzt als besonderen Kundenservice sprechende Produktinformationssysteme (PIM) ein. Durch das Einscannen von QR-Codes mit dem Smartphone im Ladenlokal erhalten Kunden ausführliche und erweiterte Produktinformationen in Form von Onlinevideos. Der jeweilige Film stellt in ca. 20 Sekunden das Produkt und die dazugehörigen Serviceleistungen vor.

  • Kosten: 100 bis 150 EURO pro Film, zzgl. Personalkosten
  • Planung- und Umsetzungsdauer: 1 bis 2 Wochen pro Film
  • Mehr Infos auf den Seiten 32/33 im Leitfaden

Online-Newsletter – Brauerei spricht Kunden regelmäßig per E-Mail an

Früher erschien das Infomagazin einer Ulmer Brauerei als reines Printmagazin. Seit ca. 10 Jahren wird das Magazin regelmäßig als E-Mail Newsletter (8-seitiges PDF) an die Kunden versendet. Die Umsetzung erfolgt professionell durch eine PR-Agentur. Das Magazin informiert über Produkte, Veranstaltungen, regionale Gastronomen, Rezepte, lädt zu Gewinnspielen ein und bindet den Kunden.

  • Kosten: 1.500 EURO pro Ausgabe (PR-Agentur)
  • Planung- und Umsetzungsdauer: ca. 3 bis 4 Monate je Ausgabe
  • Mehr Infos auf den Seiten 34/35 im Leitfaden

Im Internet gibt es aber auch viele (bis zu einem gewissen Nutzungsgrad) kostenfreie Newsletter-Systeme. Mit Hilfe dieser Systeme können kleinere Unternehmen relativ einfach eigene Newsletter erstellen, welche sogar automatisiert an die Kunden versendet werden.

  • Kosten: ab 0 EURO (soweit gewissen Rahmenbedingungen eingehalten werden), evtl. einmalige Erstellung eines Rahmenlayouts (Newsletter-Template) durch eine Werbeagentur ca. 250 bis 500 EURO
  • Planung- und Umsetzungsdauer: ca. 4 Wochen je Ausgabe. Kleinere Info-E-Mails oder Angebote können auch innerhalb weniger Tage erstellt und versendet werden.

Eigene Homepage – Delikatessengeschäft macht online Appetit

Die eigene Website ist eine geeignete Maßnahme, um die Sichtbarkeit im Internet zu erhöhen und das Unternehmen entsprechend online zu präsentieren. Ein Delikatessengeschäft aus Darmstadt möchte die Internetseite dazu nutzen, um mit Hilfe emotionaler Bilder das Interesse des Betrachters zu gewinnen und ihn so ins Ladenlokal zu locken. Die Seite soll nur die wichtigsten Infos wie z. B. Öffnungszeiten, Neue Produkte oder Veranstaltungstermine enthalten. Darüber hinaus soll die Website auch für mobile Endgeräte optimiert sein (Responsive Design). Durch die Implementierung von Google Maps soll das Ladenlokal leicht auffindbar sein. Das Delikatessengeschäft nutzt für die Umsetzung ein Webbaukasten-System. Gegen eine monatliche Gebühr kann der Benutzer beim Baukasten-System aus verschiedenen Gestaltungsvorlagen (Templates) sein bevorzugtes Webdesign auswählen, anschließend auf seine Bedürfnisse anpassen und entsprechende Inhalte einpflegen.

  • Kosten: einmalig 800 EURO für professionelle Fotos (Fotograf), laufend 180 EURO/Jahr Gebühr Webbaukasten
  • Planung- und Umsetzungsdauer: ca. 3 bis 4 Tage, laufender Betrieb 1 bis 2 Stunden/Woche
  • Mehr Infos auf den Seiten 52/53 im Leitfaden

Weitere Infos zum Thema „Was kostet eine neue Internetseite“ finden Sie hier

Online-Shop – Jeans-Fachgeschäft verkauft Kleidung überregional und rund um die Uhr

Ein Jeans-Bekleidungsgeschäft aus Darmstadt betreibt ergänzend zum Verkauf im Ladenlokal einen Online-Shop. Für die erfolgreiche Umsetzung des Online-Shops ist ein digitales Warenwirtschaftssystem unerlässlich. Der Online-Shop existiert bereits seit 20 Jahren und generiert mittlerweile 60 Prozent des Gesamtumsatzes. Durch den Shop hat das Unternehmen auch überregionale Kunden gewonnen.

  • Kosten: Grundgerüst 1.500 bis 2.000 EURO, Einrichtung 5.000 bis 10.000 EURO, laufender Betrieb 300 EURO/Jahr plus Personalkosten
  • Planung- und Umsetzungsdauer: 10 bis 20 Stunden Planung, 2 Wochen Umsetzung (vorausgesetzt Bild und Textmaterial liegt digital vor), laufender Betrieb 20 Stunden/Woche
  • Mehr Infos auf den Seiten 66/67 im Leitfaden

Lokale Shoppingplattform – eine ganze Stadt als Online-Marktplatz

Die ganze Stadt als digitale Verkaufsplattform, wie z. B. die Online City Wuppertal. Die lokalen Einzelhändler präsentieren sich der Kundschaft auf der Homepage persönlich mit Bildern und beschreiben ihren Betrieb mit kurzen Texten. Der Kunde kann die Ware online bestellen und nach Hause liefern lassen. Als Serviceleistungen werden u. a. innerhalb Wuppertals bis 16:30 Uhr bestellte Waren noch am selben Tag geliefert (Same Day Delivery) oder eine Abholung an zentralen Sammelstellen (Click & Collect) angeboten.

  • Kosten: Lohnkosten für den lokalen „Kümmerer“ (keine Angaben), Händlerprofil: 20-40 EURO/Monat, Umsatzprovision: 8 oder 12 Prozent, Schulungskosten 30 EURO je Teilnehmer
  • Planung- und Umsetzungsdauer: 6 Monate, Transformation ab 2 Jahren, wöchentlicher Aufwand abhängig von Warenangebot und Personal
  • Mehr Infos auf den Seiten 68/69 im Leitfaden

Weitere Infos zu lokalen Shoppingplattformen finden Sie in unserer entsprechenden Studie oder in unserem Beitrag „Der Kunde möchte lokal einkaufen.“

Online-Marktplatz – Antiquariat verkauft Bücher im Ebay Shop

Eine weitere Möglichkeit online sichtbar zu sein und seine Waren über das Internet zu verkaufen sind Drittanbieterplattformen, wie z. B. Ebay. Ein Antiquariat aus Darmstadt betreibt seit 2001 einen Ebay-Shop, dessen Design an das der eigenen Unternehmenshomepage angelehnt ist. Durch die überregionale Ansprache kann die Reichweite und der Absatz erhöht werden.

  • Kosten: 12 Prozent Umsatzprovision, 29,95 EURO/Monat Abonnementkosten Ebay Versandkosten
  • Planung- und Umsetzungsdauer: 1 bis 4 Monate, laufend über 40 Stunden pro Woche
  • Mehr Infos auf den Seiten 70/71 im Leitfaden

Weitere Praxisbeispiele: Social Media Kampagnen und Eventmarketing

Neben den ausführlichen Beschreibungen der oben genannten Beispiele, finden Sie im Leitfaden der IHK Darmstadt auch Praxisbeispiele zu Social Media, Eventmarketing oder Warenpräsentation. Ebenfalls kann eine Selbstanalyse anhand einer Checkliste durchgeführt werden.

Hier geht es zum Download des Leitfadens

Stand: April 2017