Online-Shop zum Anfassen

Amazon und Zalando machen es vor. Immer mehr Online-Shops eröffnen Ladenlokale in den Innenstädten. Sie möchten erfahren, wie der Einzelhandel in der Offline-Welt funktioniert, um diese Informationen gewinnbringend in ihre Unternehmensstrategien einzubinden. Der Hofladen-Sauerland.de ist nun den gleichen Weg gegangen – nur ist der Grund für die Eröffnung eines Ladenlokals in der Neheimer-Innenstadt ein anderer, als bei den Global-Playern.

Das Sauerland kulinarisch gebündelt auf einer Plattform anbieten

„Die eigentliche Idee des Hofladens war und ist es, kleinen Erzeugern von Lebensmitteln aus dem Sauerland eine gemeinsame Online-Verkaufsplattform zu bieten und diese zu vermarkten“, so Inhaber und Gründer Christian Schulte. Dabei tritt der Hofladen nicht wie andere lokale Shoppingplattformen als Vermittler gegen Provision auf, sondern als eigenständiger Händler und direkter Vertragspartner mit dem Endkunden.

„Darüber hinaus müssen Kunden beim Einkauf regionaler Produkte nicht jeden Betrieb selbst anfahren. Sie können die Produkte gebündelt kaufen und sich bequem nach Hause liefern lassen“, ergänzt Schulte. Dabei spielt auch das Thema mangelnde Nahversorgung in ländlichen Gegenden eine Rolle. In vielen Dörfern im Sauerland gibt es keinen Lebensmitteleinzelhändler vor Ort mehr. Besonders für ältere Leute ist diese Situation oft problematisch. Der Hofladen liefert bis zu sechsmal wöchentlich aus je nach Bestellaufkommen, so erhalten die Kunden die Ware in der Regel 1-3 Tage nach Bestellung. In 15-20% aller Fälle sogar am selben Tag (Same-Day-Delivery), ab 50 Euro versandkostenfrei ohne Mindestbestellwert. Neben der Online-Bestellung via Warenkorb ist auch eine Bestellung per WhatsApp möglich. Dieser Service wird von den Kunden bisher ca. 15mal die Woche genutzt, überwiegend zum Informationsaustausch. „Aufgrund der bisher geringen Nutzung wickeln wir diesen Service aktuell noch händisch ab und nicht automatisiert“, meint Schulte.

Christian Schulte (Mitte) ist mit dem Hofladen-Sauerland nun auch in der Offline-Welt präsent (Foto: Hofladen-Sauerland.de)

Kunden über Social-Media, Online-Newsletter und Online-Anzeigen informieren

Zur Bekanntmachung des Shops und dessen Produkte nutzt der Hofladen diverse Online-Kanäle. Im Bereich Social-Media werden Facebook, Instagram, Twitter und Snapchat bespielt. Wobei sich Facebook mit über 2.500 Likes als erfolgreichste Möglichkeit in der Zielgruppen-Kommunikation herausgestellt hat. Twitter mit rund 20 Follower wird von den Kunden kaum als Infokanal genutzt. „In naher Zukunft sei auch ein Youtube-Kanal angedacht, jedoch sei dieser bisher aus Kosten- und Zeitgründen verschoben worden“ erklärt Schulte. Der Aufwand für die regelmäßige Betreuung der verschiedenen Social-Media-Kanäle ist nicht unerheblich und wird intern von einer Mitarbeiterin erledigt, die eine hohe Affinität zu dem Thema besitzt. Neben Social-Media werden die Kunden per Online-Newsletter über Produkte und Angebote informiert. Online-Anzeigen in Form von GoogleAdwords wurden auch schon ausprobiert, aus Kostengründen aber wieder eingestellt. Aktuell konzentriert man sich auf FacebookAds.

Vom Online-Shop zum Offline-Laden

„Eigentlich war ein Ladenlokal nie Bestandteil unseres Konzepts, das hat sich eher zufällig ergeben“, meint Schulte. Als bekannt wurde, dass in der Neheimer-Innenstadt die Filiale einer großen Lebensmittel-Einzelhandelskette schließen soll, gab es bei den Kunden erste Sorgen um die Nahversorgung. „Da kam mir die Idee für die Übergangszeit − bis ein neues Lebensmittelgeschäft die Lücke schließt − unsere Waren vor Ort anzubieten“, erklärt Schulte. Was anfangs als eine Art Pop-up-Store gedacht war, hat sich dann zum festen Ladenlokal gewandelt. Seit Anfang Juli 2017 bietet Schulte nun dreiviertel seiner online gelisteten Produkte im Geschäft an. Zur digitalen Verkaufsunterstützung am Point-of-Sale sei in Kürze auch der Einsatz eines Tablets geplant. Dort könne der Kunde dann direkt auch auf die restlichen Produkte online zugreifen und diese bestellen – in Form eines verlängerten Einkaufregals. Eine weitere Verknüpfung von Online- und Offlinewelt (Cross-Channel-Strategie) bietet der „Click und Collect“-Service. So können Kunden online bestellen und die Ware im Ladenlokal abholen. Auch eine Abholstation direkt vor dem Ladenlokal ist angedacht, dann könne der Kunde die online bestellte Ware via Zahlencode (der vorher per Mail oder SMS zugesendet wird) auch nach Ladenschluss mitnehmen.

„Das Kerngeschäft bleibe aber weiterhin der Online-Shop. Daher stehe in Kürze auch eine Relaunch der Internetseite an“, erklärt Schulte.

Internet trifft klassischen Einzelhandel (Foto: Stephan Britten, IHK Arnsberg).

Keine Angst vor der Online-Welt

„Generell solle man als Einzelhändler keine Angst vor dem Thema Digitalisierung haben, sondern die Chancen und Mehrwerte nutzen“, so Schulte. Er selbst komme aus dem klassischen Lebensmittel-Einzelhandel und habe zu Beginn nur sehr wenige Erfahrungen mit dem Thema Digitalisierung gehabt. Ohne Hilfe Dritter wäre das Projekt nur schwer realisierbar gewesen. Mittlerweile hat sich der Inhaber des Hofladens aber selbst genügend Online-Know-how angeeignet, um beim Thema Digitalisierung mitreden zu können. Der Einsatz einer digitalen Warenwirtschaft nennt Schulte als Pflichtinvestition. „Auch wenn damit nicht automatisch eine hundertprozentige Bestandserfassung gewährleistet ist“, ergänzt Schulte lächelnd.

Auch solle man sich vor großen Herausforderungen nicht abschrecken lassen. So gelten für Onlinegeschäfte oft verschärfte gesetzliche Vorgaben. Den Kunden müssen vor dem Kauf alle Produktinformationen (u. a. Nährwerte, Allergene oder Zutaten) bereitgestellt werden. Während im Ladenlokal oft ein Blick des Verbrauchers auf die Verpackung ausreicht, um diese Informationen zu erhalten, musste der Hofladen dies für alle 800 Produkte, die online angeboten werden, händisch durchführen. „Der Aufwand war immens“, so Schulte. Es habe mehrere Wochen gedauert bis die Produktinformationen zusammengetragen und online eingepflegt waren. Darunter habe auch das Tagesgeschäft gelitten. „Viele Online-Anbieter von Lebensmitteln verzichten auf diesen Aufwand und laufen Gefahr abgemahnt zu werden“, erläutert Schulte. Letztendlich habe sich der Aufwand aber gelohnt, schließlich habe er dadurch auch einen Mehrwert für seine Kunden geschaffen, die sich jetzt ausführlich über die Produkte vor Verkaufsabschluss informieren können und gleichzeitig unterstützen die Infos im Rahmen der Suchmaschinenoptimierung (SEO) die Auffindbarkeit des Hofladens im Internet.