Der Kunde möchte lokal einkaufen

Obwohl der regionale Einzelhandel durch das Internet Kunden in der ganzen Welt ansprechen könnte, setzen einige Städte auf lokale Shoppingplattformen. Das klingt erst einmal irritierend.

Die Anzahl und Anbieter lokaler Shoppingplattformen ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Alleine in Nordrhein-Westfalen gibt es laut Studie des Competence Center E-Commerce (CCEC) über 200 solcher Plattformen. Die Palette reicht von einfachen Händlerarchiven bis hin zu komplexen Transaktionsplattformen. Um Händlern und Kommunen aus Südwestfalen einen besseren Einblick in die Plattformwelt zu ermöglichen, lud das Einzelhandelslabor Südwestfalen am 20.03.17 zu einem umfassenden Workshop in Lippstadt ein. Rund 40 Teilnehmer aus der Region folgten der Einladung.

Professor Dr. Peter Weber vom Competence Center E-Commerce berichtet über den aktuellen Stand der Digitalisierung in Südwestfalen. Foto: Ingo Borowicz, IHK Arnsberg

Händler spüren den Druck der Digitalisierung

Laut Herrn Prof. Dr. Weber vom CCEC nehmen 63% der Händler in Südwestfalen ein „Druck zur Digitalisierung“ seitens der Gesellschaft wahr (Quelle: CCEC-Händlerbefragung). Hingegen nennen nur 11% den Kunden als tatsächlichen Treiber. Stimmt dieses Gefühl? Schaut man sich den Kunden von heute an, so kauft dieser längst kanalübergreifend ein – er nutzt sowohl Online- als auch Offlinekanäle. Sind Händler im Internet nicht sichtbar, existieren sie für den Kunden nicht!

Standortbeschränkung als Alleinstellungsmerkmal?

Bisher nutzen z.B. nur wenige Händler aus Südwestfalen (18%) Drittanbieterplattformen, wie Amazon oder Ebay, um ihre Produkte online zu verkaufen. Eine besondere Form der Drittanbieterplattformen sind die lokalen Shoppingportale. Auf diesen lokal beschränkten Marktplätzen können Händler einer Stadt sich und ihre Produkte online präsentieren (z.B. Einkaufen in Attendorn oder Lokaso in Siegen). Der Verkaufsradius wird oft ebenfalls begrenzt. „Bei den Auslieferungen sollte die Fahrzeit zwischen Händler und Kunde maximal 15-20 Minuten betragen“, so Thimo Eckel von Lokaso in Siegen. Ziel der Plattformen ist es, den Kunden aus der Region online zu zeigen, welche Produktvielfalt vor Ort herrscht. Der Kunde kann dann entscheiden, ob er die Sachen online über die Plattform bestellt, reserviert und vor Ort abholt oder generell animiert wird seinen Einkaufsbummel in der Stadt fortzusetzen. Da viele Kunden sich im Internet informieren, die Ware aber gerne vor Ort testen und gegebenenfalls kaufen würden (ROPO-Effekt, Research Online – Purchase Offline), stößt das Modell bei Kommunen und deren Einzelhändlern auf Interesse.

Rund 40 Teilnehmer aus Südwestfalen interessierten sich für das Thema "Lokale Shoppingplattformen". Foto: Ingo Borowicz, IHK Arnsberg

Welche Plattform ist die richtige?

Laut Herrn Bollweg vom CCEC gibt es nicht „DIE Plattform als Allheilmittel, sondern eine Vielzahl von Plattformen mit unterschiedlichen Angeboten.“ Hinzu kommt, dass der Markt der lokalen Shoppingplattformen recht jung ist und es bisher keine langfristigen Erfahrungsberichte gibt. Grundsätzlich müsse die Stadt mit ihren Händlern im Vorfeld ein Anforderungsprofil für die Plattform erstellen: u. a. wie sind die Händler der Stadt bisher online aufgestellt? Wie viele Händler machen mit? Welche Ziele sollen erreicht werden? Welche Services muss die Plattform entsprechend anbieten?

Die Studie des CCEC zu den lokalen Shopping-Plattformen kann als Orientierung bei der Entscheidungsfindung dienen. Wenn z.B. die Kommune beschließt, dass über die Plattform Waren noch am selben Tag geliefert werden sollen (Same-Day-Delivery), so bieten diesen Service aktuell laut CCEC-Studie nur knapp 30% der untersuchten Plattformen an. Es sei noch einmal vermerkt, dass es sich bei der Studie nicht um eine Bewertung der einzelnen Plattformen handelt!

„Gibt es in einer Stadt bereits eine hohe Online-Transaktionsfähigkeit, könnte eventuell ein Händlerarchiv (u.a. Darstellung von Kontaktdaten, Öffnungszeiten) als Plattform-Lösung ausreichen, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Ist die Online-Transaktion bisher gering in der Stadt, so wäre eine Plattform mit allen Online-Shop-Funktionen die bessere Wahl“, so Bollweg.

Gliederung der lokalen Shoppingplattformen in fünf Kategorien (Quelle: CCEC-Studie zu den lokalen Shoppingplattformen)

Standortbasierte Services und motivierte Händler als Erfolgsfaktoren

„Wenn die Plattformen den Standortvorteil des Händlers nutzen, können Vorteile gegenüber großen Anbietern geschaffen werden. Bisher wird dieses Potential zu wenig von lokalen Marktplätzen genutzt“, erklärt Lars Bollweg. Durch die räumliche Nähe könnten, z.B. über kurze Lieferwege Zeitvorteile und damit Alleinstellungsmerkmale realisiert werden. Auf der anderen Seite könnte eine App, die Kunden in der Nähe von Geschäften, also vor Ort, auf bestimmte Angebote oder Parkplätze hinweist, ebenfalls Mehrwerte für Händler und Kunden ermöglichen.

Sollte sich die Kommune für eine umfangreiche Transaktionsplattform interessieren, müssen die Händler auch über eine entsprechende digitale Warenwirtschaft verfügen. „Nur so können, Bestellung, Bezahlung und Service kanalübergreifend funktionieren“, erläutert Lars Bollweg vom CECC.

„Wichtig für die Einführung einer Plattform ist auch die Vermeidung von Fehlern. Nur wenn alle Händler in der Stadt motiviert mitziehen und genug Produkte online angeboten werden, kann die Plattform funktionieren“, so Roman Heimbold von Atalanda.

Weitere Informationen finden Sie hier:

Zusammenfassung der CCEC-Studie zu lokalen Shoppingplattformen

Workshop-Präsentation „Lokale Shoppingplattformen“ des CCEC

Diskussionsrunde zum Thema lokale Shoppingplattformen (von links): Prof. Dr. Peter Weber (CECC), Roman Heimbold (Atalanda), Thimo Eckel (Lokaso), Nils Widal (Heimathandel), Viktor Waal (SpotAR) und Lars Bollweg (CECC). Foto: Ingo Borowicz, IHK Arnsberg

Impressionen des Workshops "Lokale Shoppingplattformen" in Lippstadt (Fotos: Ingo Borowicz, IHK Arnsberg)