Kunden automatisch gewinnen

Kommt Ihnen diese Geschichte bekannt vor: „Ein unbekannter Besucher schaut sich auf Ihrer Webseite um. Besucht einige Produkte, kauft aber nichts.“

Wie schafft man es, diesen Besucher als potentiellen Kunden zu gewinnen? Das primäre Ziel ist es, an die Kontaktdaten des Besuchers zu gelangen. Im zweiten Schritt gilt es, den Kunden dann kontinuierlich und individuell über Produkte und Angebote zu informieren, damit er letztendlich die angebotenen Waren im Online-Shop oder im Ladenlokal kauft.

Seinen Kundenkreis (Interessenten und Bestandskunden) „händisch“ via E-Mail regelmäßig individuell zu informieren bzw. auf die Antworten der Kunden entsprechend zu reagieren kann sehr aufwändig sein. Besonders wenn das Sortiment vielfältig und der Kundenkreis groß ist. Für viele stationäre Einzelhändler ist dieser Kunden-Management-Prozess daher im Alltag schwer realisierbar.

Eine mögliche Lösung des Problems könnte der Einsatz einer Marketing-Automation-Software sein. Was sich dahinter verbirgt und wie man diese anwendet konnten 15 Teilnehmer im gleichnamigen Workshop des Einzelhandelslabors am 12.09.17 in Werl erleben.

Im Internet findet man eine große Anzahl von Anbietern für Automation-Software. Beim Workshop in Werl kam beispielhaft die Software mautic in der kostenfreien Version zum Einsatz.

In Werl konnten sich die Workshop-Teilnehmer in das Thema der Marketing-Automatisierung einarbeiten. Foto: Ingo Borowicz, IHK Arnsberg

In wenigen Schritten zur Marketing-Automation

„Im Prinzip geht es beim Automatisierungsprozess um folgenden Kreislauf: Kundenbeobachtung, Kundensegmentierung, individuelle Marketingmaßnahmen und Erfolgsmessung“, so Moderator Lars Bollweg vom Competence Center E-Commerce (CCEC). Der Prozess lässt sich in folgende Schritte gliedern:

1. Kontaktmanagement:

Basis ist eine ordentlich gepflegte Kundendatenbank. Welche entweder neu in der Automatisierungssoftware aufgebaut wird oder, je nach Softwarelösung, als bestehende Datenbank (z.B. Excel- oder CSV-Datei) übernommen werden kann. Zu Beginn sind einfache Kontaktinformationen wie Name, E-Mail-Adresse, Ort und Postleitzahl ausreichend.

2. Segmentierung:

Kunden lassen sich in verschiedene Gruppen zusammenfassen:

  • Interessenten: z.B. Personen, die auf der Website einen Rabatt-Coupon oder einen Produktprospekt heruntergeladen haben
  • Kunden: Personen, die bereits ein Produkt gekauft haben
  • Stammkunden: Personen, die mehrfach ein Produkt gekauft haben

Diese Gruppen ließen sich jetzt, je nach Art, wieder segmentieren, z. B. nach Produktkategorien, Kaufhäufigkeit, Einkaufswert oder Wohnort.

Durch die Bewertung von Kundenaktionen (E-Mail geöffnet, Newsletter abonniert, Newsletter geöffnet, Kauf getätigt etc.), lassen sich Kunden (z. B. anhand eines Punktesystems) in verschiedene Qualitätsstufen (z. B. A-, B- oder C-Kunde) gliedern.

Jedes der o. g. Segmente kann später mit spezifischen Werbebotschaften angesprochen werden.

Abbildung 1: Kundensegmentierung, Quelle: CCEC

3. Gewinnung eines neuen Kontaktes durch Bildung von Mehrwerten

Wie kommt man nun an die Kontaktdaten von Personen, die lediglich die Internetseite besuchen? Ziel muss es sein, dass dem Besucher „inhaltliche Mehrwerte“ auf der Website bereitgestellt werden – welche er im Austausch gegen seine Kontaktdaten kostenfrei erhält. Dies kann ein Rabatt-Coupon, Gewinnspiel, Newsletter-Abo mit Angeboten oder ein exklusives Vorkaufsrecht sein. Doch Vorsicht: verbirgt sich hinter dem Mehrwertversprechen kein lohnenswerter Inhalt, fühlt sich der Kunde oft betrogen.

Verwenden Sie bei der Kontaktgewinnung das rechtsichere Double-Opt-in-Verfahren (doppelte Bestätigung).

Beispiel: Der Kunde kann auf Ihrer Website einen Rabatt-Coupon als PDF-Datei herunterladen, wenn er seine Kontaktdaten preisgibt.

Schritt 1: Der Kunde füllt ein generiertes Kontaktformular inkl. E-Mail-Adresse aus und „klickt“ auf versenden (erste Bestätigung). Das Kontaktformular enthält auch den Hinweis, dass das Unternehmen den Kunden in Zukunft über Produktneuheiten und Angebote per Mail informiert.

Schritt 2: Der Kunde erhält eine Bestätigungs-E-Mail mit einem Bestätigungslink. Der Kunde wird gebeten durch das Klicken auf den Link ein zweites Mal zu bestätigen. Nach der Bestätigung führt der Link zu einer Landingpage auf der die PDF-Datei zum Download zur Verfügung steht. Nur wenn der Kunde ein zweites Mal bestätigt, darf ihn das Unternehmen auch weitere E-Mails zusenden (siehe Schritt 1). Ansonsten kann das Unternehmen vom E-Mail Empfänger kostenpflichtig abgemahnt werden.

4. E-Mail-Kampagne

Ziel ist es, die Kunden kontinuierlich per E-Mail über Produkte und Angebote zu informieren, um diese letztendlich zum Kauf (online oder offline) zu animieren. Durch die vorher getätigte Segmentierung können zielgruppenspezifische Inhalte per Mail versendet werden.

Beispiel: Ein Autohändler verschickt Ende September ein Angebot über Winterreifen per E-Mail. Er wählt dabei nur die Kunden aus, die in diesem Sommer ein bestimmtes Fahrzeug neu oder gebraucht bei ihm gekauft haben. Die angebotenen Winterreifen sind auf diesen Fahrzeugtyp abgestimmt.

Abbildung 2: Automatisierter Versand von E-Mails, Quelle: CCEC

Mit der Automatisierungs-Software können nun im Vorfeld Kampagnen mit Hilfe von Entscheidungsbäumen (siehe Abbildung 3) festgelegt werden. Das System verschickt dann später automatisch die im Vorfeld erstellten E-Mails oder verteilt automatisch Punkte, je nach ausgeführter Kundenaktion.

Beispiel: Sie möchten Interessenten, die mehrfach mit Ihren Unternehmen in Kontakt getreten sind, einen besonderen Rabatt beim Erstkauf anbieten. Eine automatisierte Kampagne könnte nun wie folgt erstellt werden. Interessenten, die sich für den Online-Newsletter anmelden erhalten automatisch eine Bestätigungsmail und 5 Bewertungspunkte. Im nächsten Schritt wird der Newsletter automatisch an den Interessenten per Mail verschickt. Öffnet der Interessent den Newsletter erhält er weitere 10 Bewertungspunkte. Sollte der Interessent durch den Newsletter eine bestimmte Produktseite Ihrer Website besucht haben, gibt es nochmals 15 Bewertungspunkte. In Ihrer Kampagne haben Sie vorher festgelegt, dass sobald ein Interessent 30 Bewertungspunkte erreicht hat, er per E-Mail einen Rabattgutschein über 10% erhält. Wenn der Rabattgutschein sich auch noch automatisch auf die Produkte, der vom Kunden besuchten Produktseite bezieht, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass der „Interessent“ durch einen Kauf zum „tatsächlichen Kunden“ aufsteigt.

 

Abbildung 3: Kampagnen-Entscheidungsbaum, Quelle: CCEC

5. Erfolgsmessung und Datenschutz

Damit Sie Ihre Kampagnen stetig verbessern können, bieten Automatisierungs-Softwares diverse Möglichkeiten zur Erfolgsmessung an. Für die Erfolgsmessung werden sogenannte Cookies verwendet (das sind kurze Textinformationen die im Browser des Nutzers abgespeichert werden. U. a. können mit Cookies detaillierte Nutzerprofile erstellt werden). Sollten Cookies verwendet werden, so müssen Sie Ihre Kunden beim ersten Aufruf der Website zumindest über den Cookie-Einsatz informieren und auf Ihre Datenschutzerklärung verweisen.

Einzelhandelslabor Workshop Marketing-Automation: Impressionen aus Werl (Fotos: Ingo Borowicz, IHK Arnsberg)