Welcher Kanal ist für mich der richtige?

„Seit ungefähr drei Jahren beschäftige man sich intensiv mit dem Thema Digitalisierung“ berichtet Gerd Ziems, Geschäftsführer des Modehauses Lott in Lippstadt. Der Kunde ist heute auf allen Kanälen unterwegs, um sich über Produkte zu informieren – mal online, mal offline – wie es ihm gerade gefällt. Daher muss der Handel neben den klassischen Kommunikations- und Verkaufskanälen auch digitale Maßnahmen in seinen Informations- und Vertriebsprozess einbinden. Die Frage ist nur, welche sind die richtigen?

Bei Lott wurde eigens ein Mitarbeiter eingestellt, der sich ausschließlich um die digitalen Angebote des Modehauses kümmert. Und Gerd Ziems überlegt: „Vielleicht stellen wir noch einen zweiten ein.“ Die Einstellung zusätzlichen Personals ist für den Großteil des inhabergeführten stationären Einzelhandels wirtschaftlich nicht tragbar, zeigt aber gleichzeitig, dass z.B. die Betreuung einer Facebookseite oder die Pflege der eigenen Website mit einem gewissen Aufwand verbunden ist. Selbst einem größeren Einzelhändler wie Lott mit 115 Mitarbeitern werden beim Thema Digitalisierung die Grenzen aufgezeigt. „Ein eigener Onlineshop? Ausgeschlossen. Das würde uns überfordern“, so Ziems.

„Als Händler muss ich mich fragen, was ich mit meinem digitalen Angebot eigentlich erreichen möchte, welcher Kanal für mich der richtige ist und vor allem: wer meine Kunden sind und wie ich sie an mich binden kann“, sieht Ziems die Sache strategisch. Ein Medium mit dem Lott seine Zielgruppe gut erreicht, ist u.a. das soziale Medium Facebook. Hier wird der Kunde laufend über neue Produkte, Veranstaltung oder Aktionen informiert. Trotz der großen Resonanz, wird dadurch aber nicht direkt mehr verkauft. Die sozialen Medien wie Twitter und Co. sind keine Werbe- bzw. Verkaufskanäle, sondern dienen nur der reinen Information. Dem Kunden wird ein nicht kommerzieller Mehrwert geboten. Dies wirkt sich in den meisten Fällen imagefördernd auf das Unternehmen aus. Darüber hinaus bleibt man im Dialog mit dem Kunden und erfährt etwas über seine Interessen und Wünsche.


„Wichtig ist, dass man online überhaupt sichtbar ist“
, erklärt Ziems. Dazu gehört auch eine eigene Website mit Produktinformationen, Kontaktdaten, Öffnungszeiten und Neuigkeiten. Unterstützt durch emotionale Bilder und Videos. Hier besteht auch die Möglichkeit, seine Printbeilagen und Prospekte als digitalen Blätterkatalog einzubinden. Damit der Kunde die Website im Netz leicht findet, muss die Website für Suchmaschinen optimiert sein.

D.h. die Website muss über relevante Begriffe (Keywords) und Inhalte (Content) verfügen, die von der Zielgruppe bei der Suche eingegeben werden. Darüber hinaus muss die Website auf allen mobilen Endgeräten wie z.B. Smartphones oder Tablets optimal angezeigt werden (Responsive Design), damit der Kunde nicht aus Frust die Seite wieder verlässt.

Gerd Ziems (r.): „Wichtig ist, dass man online überhaupt sichtbar ist.“ Foto: Stephan Britten, IHK Arnsberg

Das Thema Digitalisierung findet bei Lott aber auch direkt im Ladenlokal statt. Einige Hersteller haben auf ihren Etiketten QR-Codes abgebildet, mit denen der Kunde via Smartphone weitere Informationen zum Produkt abrufen kann. Durch einen Service wie freies W-LAN entstehen dem Kunden keine zusätzlichen Kosten bei der Nutzung seines mobilen Endgerätes. Ein sehr gutes Beispiel wie sich Offline- und Onlinewelten verbinden lassen, zeigt der virtuelle Spiegel. Bei der Anprobe vor dem Spiegel kann der Kunde direkt Fotos und Videos erstellen lassen und diese sofort per E-Mail versenden oder über Facebook teilen. So kann z.B. der Freund oder die Freundin von unterwegs aus beurteilen, ob die ausgesuchte Kleidung dem Kunden steht oder nicht. Der virtuelle Spiegel gehört sicherlich nicht zu den notwendigen digitalen Maßnahmen des stationären Einzelhandels, er zeigt aber die Möglichkeiten zur Schaffung von Mehrwerten vor Ort und die zukünftigen Entwicklungen auf.

Virtueller Spiegel (Virtual Mirrow). Foto: Stephan Britten, IHK Arnsberg

Letztendlich geht es darum, dass der Kunde mit Hilfe der Digitalisierung in mein Ladenlokal gelotst wird. Da der Kunde heute überwiegend im Internet unterwegs ist, muss ich dort als Händler sichtbar sein. Der Großteil der Kunden kauft nach wie vor im stationären Geschäft ein – aber nur wenn er weiß, dass es die im Netz gesuchten Produkte auch vor Ort beim Händler gibt.

Ist der Kunde erst einmal im Ladenlokal, so müssen persönliche Beratung, Vertrauen, Sortiment, emotionales Einkaufserlebnis und Service überzeugen, um den Kunden zum Kauf zu inspirieren. Hierzu trägt auch eine individuelle und ansprechende Ladengestaltung und Produktpräsentation bei.

Ein wichtiger Punkt ist auch, dass man früh genug die Mitarbeiter mit ins Boot nimmt. Man sollte das Personal nicht vor vollendete Tatsachen stellen, sondern es aktiv am Prozess teilnehmen lassen. Nur so wird ein positiver und motivierender Umgang mit dem Thema Digitalisierung gewährleistet.

Das Beispiel Lott zeigt, dass ein nahtloses Mehrkanalkonzept (Cross Channel Konzept) heutzutage unabdingbar ist, um den Kunden auf seinen Einkaufsprozess zu begleiten. Zudem muss man das Konzept ständig optimieren. So auch im Hause Lott, wo zeitnah die nächsten Kanäle bespielt werden sollen. Neben einer App steht besonders die Einführung einer Kundenkarte im Fokus.

Fotos: Stephan Britten, IHK Arnsberg, weitere Quellen: Facebook, Google und Lott.